Samstag, 16. Januar 2016

Tetuan und Tanger

Beim Kaffee trinken fängt es schon an. Wir bestellen den Kaffee. Der Kellner verlässt sein Café, geht zum Nachbarn und kommt zurück. Drei Minuten später bringt der Nachbarkellner den Kaffee. Bezahlt wird dann wieder beim Ursprungskellner.
Ähnlich läuft es auf dem Markt ab. Wir fragen jetzt immer vorher, wieviel ein Kilo Avocados, Bananen, Mandarinli oder Mandeln kosten wird, da sich der Preis immer mindestens verdoppelt, wenn man zuerst einpackt. Wenn dann die Schüssel gefüllt ist.... läuft der Verkäufer zum Lieblings-Nachbarn, bittet höflichst um Erlaubnis die Waage zu benutzen und kommt dann wieder.
Nett fand ich auch die gebastelten Gewichte aus mit Sand gefüllten Plastiksäckli. Wer kann sich schon echte, geeichte Metallgewichte leisten, wenn sie so leicht nachzubasteln sind.

Der gewünschte Verkäufer ist gerade abwesend? Kein Problem, sein Nachbar macht das gerne für ihn.
In jeder beliebigen Kombination: ein Restaurantbesitzer hat uns schon Schmuck erklärt bis der Händler wieder da war, ein Turnschuhverkäufer Bananen abgepackt..... Hauptsache die potentiellen Kunden laufen nicht zur Konkurrenz. 

Bei direkter Konkurrenz ziehen die Marokkaner dann ganz andere Saiten auf. Da purzeln die Preise in den Restaurants, nur um nachher beim addieren wieder zu steigen. Manche machen aus "l'addition, s'il vous plait!" auch gleich eine "multiplication". 

Und im Straßenverkehr gilt einfach das Recht des stärkeren. Wer zuerst ausweicht hat verloren. Sei es mit 90 km/h auf der ausgefransten Landstraße, oder im Kreisel in der Stadt. Blinken ist Glücksache. Rückwärts fahren oder aus Parklücken raus, direkt in den Verkehr, überhaupt kein Problem. 
Sie wollen in eine Hauptstraße einbiegen? Am besten warten bis jemand kommt und dann ganz knapp vorher schnell reindrücken. So wie unsere Kleinkinder am Fußgängerstreifen immer erst warten bis wirklich ein Auto kommt. 

Fußgänger sein in Marokko ist noch schwieriger. Wie eine Horde Hühner fliehen wir in Städten jeweils über vierspurige Straßen, während das Grünzeichen an der Kreuzung die Spur wechselt. (Ampeln für Fussgänger sind ohnehin eine Rarität.)

Mittags und abends um sechs, laufen tausende Kinder an dicht befahrenen Straßen entlang durch die Pampa und werden von den Lastwagen fast weggeblasen. 


Jedenfalls wäre Tetuan wirklich schön und eindrücklich gewesen, wenn die "faux guides" nicht ganz so penetrant gewesen wären. Die Gassen der kleinen Medina, die plötzlich unter den Häusern durch tauchen. Die winzig kleine Gerberei. Alles liebevoll für die Touristen beschriftet.










Hier haben sie sogar eine dieser supermodernen LED-Blinkanimationen für Hulks.
 
Nach ein paar Stunden verlassen wir Tetuan für Tanger.
Diesmal sind wir jedoch vorgewarnt: "Tanger = Danger!"
Bei unserer Ankunft vor 6 Wochen waren wir erst total überfordert. 

Die Bettler sind hier superaggresiv, die Parkwächter reißen sich um die Autos, die "faux guides" lügen ungehemmt und behaupten, die Medina liege in der entgegengesetzten Richtung.
Alle üblichen Sprüche gekonnt ignorierend, lege ich in den Souks unsere letzten Dirhams in Sandalen an, während Christoph mit den Kindern im Kaffee die letzten afrikanischen Sonnenstrahlen tankt.
Dann wird unser Auto geröntgt und wir legen ab nach Tarifa.

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