Dienstag, 12. Januar 2016

Das Labyrinth Fez

Einmal mehr ist das gebuchte Riad nicht dort, wo es auf der Karte bei Booking eingetragen war. Stattdessen klafft dort eine grosse Baulücke. Mittlerweile tragen wir das aber mit Fassung.
Wir fragen einfach den erstbesten Verkäufer. Der weist grad zum Stadttor wieder raus. Das glaube ich nun aber doch nicht. Hat wohl eher keine Lust.
Dann fragen wir halt die wartenden Handwerker. Jaja, einfach da hoch. Etwa hundert Meter.
Nach 50 Metern frage ich schon den nächsten, einen Mechaniker. Der zeigt schon eine etwas andere Richtung an. Ich lasse die Familie mal wieder im Auto zurück, bis ich das Riad zu Fuß gefunden habe. Kurven und wenden im Gewühl ist zu mühselig. Ein Passant begleitet mich schließlich die letzten 100 Meter noch in eine etwas andere Richtung bis zu einer total unscheinbaren Türe ohne jegliche Beschriftung. Unser Riad!
Dass Kunden und Riads sich überhaupt je finden ist mir weiterhin ein Rätsel. Die meisten Gäste kommen allerdings nicht mit dem eigenen Auto, sondern werden zum Riad gefahren.
Dieses ist nun ganz im Fèser Stil von oben bis unten mit Stuckaturen und Mosaikfliesen ausgeschmückt. 


Da die Medina von Fès die weltweit größte Fußgängerzone ist und gleichzeitig ein undurchschaubares Labyrinth, buchen wir für den nächsten Nachmittag einen Führer. Er wird uns die wichtigsten Moscheen und Medersen (Koraninternate) zeigen und uns zielsicher durch die verschiedenen Quartier führen. Wir warnen ihn zwar, dass wir ganz sicher keinen Teppich mehr kaufen wollen, doch er meint wir sollen trotzdem ins schönste Teppichhaus, da es in einem prachtvollen Palast untergebracht ist.
Genauso habe ich es im Führer gelesen. So gehen wir abgebrüht auf das Spiel ein, lassen uns ein paar exklusive Stadtteppiche zeigen, einen Tee servieren und verabschieden uns dann höflich aber bestimmt. 










Weiter geht es zu den Metall-Ziselierern, die gerade als wir reinkommen schnell schnell an ihre Plätze springen und kunstvoll zu hämmern beginnen. Mit Meißelchen und Nadeln werden filigrane Muster auf eine Kupferplatte gestochen. Anschließend wird diese mit grossen Holzhämmern in die richtige Form gebracht. Flache Hämmer für den Rand und die Mitte, rundliche für den Bogen in der Platte.
Sehr eindrücklich und schön glitzernd, doch habe ich zu hause wirklich Platz für eine 60 Zentimeter große Teezeremonieplatte? Und wie oft werde ich sie nutzen?




Auch die Schmuckschatulle aus Kamelknochen fällt mir gefällig ins Auge. Ich fühle mich wie in einem Comic; zwei kleine Konsumtypen sitzen auf meinen Schultern und streiten: "Uii! Wie schön! - Ja, noch was zum abstauben. - Aber es ist doch sooo schön. - Jetzt haben wir doch grad eben die ganze Wohnung aufgeräumt und uns so gefreut wie viel besser es ohne den ganzen Schnickschnack aussah. - Ja, aber... ok."
Der Verkäufer begreift zwar nicht, warum ich so lange die Schatulle in der Hand halte und meinen Schultern zuhöre, doch Christoph erspart es manchen Streß. 

Wie besuchen die Weber mit ihren glitzernden Decken in allen Regenbogenfarben und den Paschminas aus 100% "Paschmina". Warum nicht grad 200%?!
Noch auf einen Sprung zu den berühmten Ledergerbern, wo gerade renoviert wird. 




Die Verkäufer sind am Ende alle leicht angesäuert und frustriert, unser Führer resigniert (aber er kriegt wenigstens schon seinen stattlichen Führerlohn), doch für die Kinder und uns war es natürlich spannend all den Handwerkern bei der Pseudoarbeit zuzuschauen.
Einkaufen können wir dann immer noch später, ohne den Führer, da sich die Preise mit Begleiter automatisch verdoppeln.
Egal ob beim Hotel, Restaurant oder Einkauf, alles was von einem Schlepper vermittelt wird, kriegt noch die Kommission drauf. 

Am nächsten Tag besuchen wir beim wegfahren übers "Borj sud" noch die Keramikmanufaktur von Fes und lassen uns auch hier wieder alle Arbeitsschritte erklären.














 Die Vase wird blau glasiert, mit Kaligraphien versehen und anschliessend wird die blaue Glasur weggemeisselt. So bleibt am Schluss nur die blau glasierte Kaligarphie.
Aufwändiger geht es kaum, doch genau dies macht hier den Reiz der Ornamente aus.

 Die Mosaikstücke werden von Hand aus den farbigen Kacheln gehämmert.


 Und "blind" verlegt zu Brunnen und Tischen verarbeitet.






 Der Fluss der Fez verlässt ist, Kanalisation und Ledergerberei sei dank, eine stinkende braune Brühe.



 Unser erster Raubadler, nah mit dem Steppenadler verwandt.

 Und zum allerersten Mal regnet es auch.

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